Gehaltvolles Gespräch
WIE VIEL VERDIENE ICH? Gerade für Berufseinsteiger*innen ist die Gehaltsverhandlung die gefürchtete Unbekannte im Bewerbungsverfahren. Der einzige Fehler, den man dabei jedoch machen kann, ist sie nicht zu führen. Zwei Experten geben Tipps.
Von Judith Jennewein | Artikel als PDF
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Selbst Conrad Pramböck ist bei seinen eigenen Gehaltsverhandlungen nervös, erzählt der Gehaltsexperte von Neumann International. Schließlich geht es darum, wie viel Geld man in den nächsten Jahren zur Verfügung haben wird. Die Angst, etwas falsch zu machen, ist vor allem bei Berufseinsteiger*innen groß. Manchmal wird schon bei den Bewerbungsunterlagen danach gefragt, spätestens in der zweiten Gesprächsrunde ist die Frage „Was haben Sie sich denn vorgestellt?“ Thema. Wichtig ist, dann vorbereitet zu sein.
DIE BASICS KENNEN. „Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass Jungabsolvent*innen die Grundlagen nicht wissen“, sagt Bernhard Wundsam, Leiter des Karriereservices UNIPORT der Uni Wien. Vor allem der Unterschied zwischen Brutto- und Nettogehalt ist vielen nicht klar. „Gehaltsverhandlungen werden immer auf Bruttobasis geführt“, erklärt Conrad Pramböck (Alumnus der Rechtswissenschaften): „Ob brutto pro Jahr oder pro Monat ist Geschmackssache.“ Ein „Brutto-Netto-Rechner“ informiert darüber, wie viel nach dem Abzug von Versicherungsbeiträgen und Steuer bleibt. Weitere Begriffe, die geläufig sein sollten: Zeitausgleich, All-in-Vertrag, Grundgehalt, Zielerreichungsprämie oder Fringe-Benefits, (freier) Dienstvertrag, Werkvertrag, geringfügige Beschäftigung, 13. und 14. Gehalt. Zur Gehaltsverhandlung soll man niemals gehen, ohne über die branchenüblichen Einstiegsgehälter Bescheid zu wissen. Über Gehälter informieren zum Beispiel darauf spezialisierte Karriereberater*innen, über Mindestlöhne laut Kollektivverträgen geben die Interessensvertretungen Auskunft. Auch eine Umfrage unter Freund*innen und Bekannten ist hilfreich, vor allem wenn diese in ähnlich großen Unternehmen aus der gleichen Branche arbeiten. Allerdings muss klar sein, dass Freund A mit Berufserfahrung und Freundin B mit großem Verantwortungsbereich mehr als das Einstiegsgehalt verdienen. Die Unterschiede zwischen Privatwirtschaft und dem Non-Profit-Bereich können bis zu 50 % betragen.
Die meisten der Jung-Absolvent*innen sind zu bescheiden. „Als Studierende arbeiten viele in prekären Verhältnissen, sie sind Lohndumping gewohnt. Und die Sorge ist groß, den Job nicht zu bekommen, wenn sie zu ambitioniert verhandeln“, erklärt Bernhard Wundsam. Gleichzeitig gibt es auch Berufseinsteiger*innen mit komplett abgehobenen Gehaltsvorstellungen, weiß Wundsam aus seiner Zeit als Personalist beim REWE-Konzern. Das sei dann mit Sicherheit ein Knock-out-Kriterium. Wie viel ist ein Studienabschluss also wert, was darf man verlangen? „Ein Studium ist wichtig, zu Beginn der Karriere zahlt es sich aber wenig aus“, meint Conrad Pramböck. Erst nach acht bis zehn Berufsjahren schlage sich der Abschluss auch im Gehalt nieder. Anfangs unterscheiden sich Einstiegsgehälter von Akademiker*innen nicht signifikant von jenen von HTL- oder AHS-Absolvent*innen derselben Altersgruppe. Trotzdem haben Absolvent*innen geistes- und sozialwissenschaftlicher Studienrichtungen meist ein geringeres Einstiegsgehalt als etwa Jurist*innen oder Informatiker-*innen. Pramböck: „Geisteswissenschafter*innen müssen oft froh sein, wenn sie 20.000 Euro im Jahr verdienen, mit einem Jus-Magister kommt man in großen Kanzleien auf über 30.000 Euro brutto.“ Mit dieser Frage wollen die Personalchefs und -chefinnen testen, ob sich die Bewerber*innen realistisch einschätzen. Die Gegenfrage „Wo liegt die Gehaltsbandbreite?“ ist erlaubt und empfehlenswert. Wird geantwortet – also zum Beispiel „Wir zahlen zwischen 25.000 und 30.000 Euro im Jahr“ – lautet die richtige Reaktion: „Bei 30.000 Euro können wir uns einigen.“ Bleibt die Frage unbeantwortet, muss man das – realistische – Wunschgehalt nennen. Das Wort „mindestens“ ist dabei absolut tabu, die persönliche Untergrenze sollte nicht verraten werden. „Mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % werden Sie sonst dieses ‚Mindest-Gehalt‘ auch bekommen“, weiß Conrad Pramböck. Liegt das aktuelle Gehalt weit unter dem nun zur Debatte stehenden, ist noble Zurückhaltung angesagt. „Etwas darunter“ liegt es – mehr nicht. Sonst referiert der oder die PersonalchefIn darauf und bietet vielleicht 20 oder 30 % mehr, obwohl ein weit höherer Betrag möglich gewesen wäre. „Gerade für Einsteiger*innen ist das Gehalt nicht oder nur in einer Höhe von 10 % verhandelbar“, sagt Pramböck. Was also tun, wenn das Angebot nicht berauschend ist – verzichten? „Sagen Sie, dass Sie den Job zu diesen Bedingungen annehmen, dass Sie aber nach einer gewissen Zeit die Gehaltsfrage neu evaluieren möchten“, empfiehlt Bernhard Wundsam. Um jeden Preis sollte man einen Job aber nicht annehmen, ergänzt er: Es ist wichtig, sich eine Untergrenze zu setzen und den Job abzulehnen, wenn diese nicht erfüllt wird. Selbst wenn es der Traumjob ist – wann wird zum ersten Mal das Gefühl auftauchen, ausgenutzt zu werden? Bei der Untergrenze sollte man nicht allein von den Lebenshaltungskosten auszugehen, rät Pramböck: „Sie leisten Arbeit, und für die möchten Sie angemessen bezahlt werden.“ Es passiert nicht selten: Der Aufgaben- und Verantwortungsbereich wächst schnell, nur das Gehalt wächst nicht mit. „Für Ihre Gehaltsfragen sind allein Sie verantwortlich – warten Sie nicht darauf, entdeckt zu werden“, betont Conrad Pramböck. Falls es ein Mitarbeiter*innen-Gespräch gibt, ist das der richtige Zeitpunkt. Ansonsten sollte man nach etwa einem Jahr um einen Termin zur „Gehaltsanpassung“ bitten – dieses Wort hören Vorgesetzte lieber. Argumente wie „Ich brauche mehr Geld, weil ich jetzt Haus baue“ wirken nicht gut. Es geht einzig und allein um die Größe des Verantwortungsbereichs und die Qualität der Arbeit. Zwischen 3 und 7 % Erhöhung sind möglich. Übrigens: Absolvent*innen mit zwei bis drei Jahren Berufserfahrung gehören zu den gefragtesten am Arbeitsmarkt – das stärkt die Verhandlungsposition. |
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Quelle: UNIPORT Absolvent*innen-Tracking, 2003-2008. www.uniport.at |